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Oh, it’s a Fee! [07.08.2006]
Im Kirchenblatt ist am 9. Juli ein Leserbrief einer Kaunerbergerin über Schöpfungsverantwortung einerseits und geplante neue, atomstrombetriebene Pumpspeicherkraftwerke in Tirol andererseits erschienen. Punkt. Damit könnte diese Geschichte bereits zu Ende sein. Ist sie aber nicht, weil es dem Gottsöbersten in seiner Allmächtigkeit und unendlichen Weisheit nicht gefallen hat. Wer kein Schützenfest und kein Fettnäpfchen auslässt, darf auch keine noch so kleine Möglichkeit, sich öffentlich zu blamieren, ungenutzt verstreichen lassen. Zwar kann er nicht gut selbst einen Gegenleserbrief schreiben, aber einen diktieren kann er. Ja, diktieren kann er, weiß Gott! Vielleicht das einzige, was er wirklich kann.
Was braucht der „Chef“ also? Eine „Sekretärin“. Eine Chefsekretärin sozusagen. Apropos Sekretär/Sekretärin: „Das Fremdwort wurde im 15. Jahrhundert (spätmhd. secretari) im ursprünglichen Sinne von ‚Geheimschreiber’ ... entlehnt.“ (Duden) Das mit dem „Geheimschreiber“ trifft sich gut. Dann wird niemand erfahren, wer das Sekret (secretum: lat. Stammwort von Sekret und Sekretär) wirklich abgesondert hat. Also diktiert Herwig van Staa seiner Chefsekretärin, „seiner guten Fee“ (wie sie vom Innsbrucker Amtsblatt „Innsbruck informiert“ einmal bezeichnet worden ist), eine Gegendarstellung in den Vorzimmercomputer. Aber jeder Satz im Leserbrief, der dann am 23. Juli im Kirchenblatt veröffentlicht wird, siehe unten, verrät den Diktator. Wer außer ihm selbst würde ihn als eine der „rechtschaffen handelnden Personen, die mit Gewissenhaftigkeit zum Wohl der Allgemeinheit tätig sind“ bezeichnen? Eben! Und wer denn könnte auf die kühne Idee kommen, das von ihm geplagte Tirol von heute als „Hort der Demokratie“ auszugeben? Nocheinmal: eben! Seiner Billigstargumente für neue Kraftwerksprojekte (Tourismusattraktion, Unabhängigkeit, Arbeitsplätze) hätte es zur klaren Beweisführung gar nicht mehr bedurft.
Van Staas gute Fee hat seine Ausführungen dienstbeflissen in ein Mail verpackt und an die Redaktion des Kirchenblattes geschickt. Klugerweise ohne Angabe ihrer oder seiner Adresse oder ihrer oder seiner Telefonnummer. Dummerweise aber von ihrem eigenen PC aus und mit ihrer eigenen E-Mail-Adresse. Ecco! Ein klara Fall!
Tiroler Sonntag, 23. Juli 2006
Kleine Fortsetzung (28.8.2006)
Aufgrund obigen Artikels hat Frau Gisela Walchhofer Kontakt mit Fee Neurauter aufgenommen, und es hat sich sogar fast eine knappe E-Mail-Korrespondenz entwickelt. Da Walchhofer aber auf ihr zweites Schreiben an van Staas Chefsekretärin binnen 14 Tagen keine Antwort mehr erhalten hat, will sie es gerne uns „überlassen, zu beurteilen, ob dieser gewonnene Einblick in die Seele einer so uneigennützigen Leserbriefschreiberin nicht auch von Interesse für die BesucherInnen dieser Homepage sein könnte“.
Doch, das könnte er.
----- Original Message -----
From: “Gisela Walchhofer“ g.walchhofer@hotmail.com
Sent: Thursday, August 10, 2006 07:57
To: k.neurauter@tirol.gv.at
Subject: "Tiroler Sonntag"
Sehr geehrte Frau Neurauter!
Heute vor drei Wochen ist im Kirchenblatt unserer Diözese "Tiroler Sonntag" eine Zuschrift von Ihnen unter dem Titel "Kraftwerksbauten sind durchaus gerechtfertigt" erschienen. Nun lese ich im Internet, dass der Herr Landeshauptmann diesen Leserbrief als Antwort auf einen vorausgegangenen Leserbrief im Kirchenblatt, der sich offenbar kritisch mit der Tiroler Kraftwerkspolitik auseinandergesetzt hat, bei Ihnen in Auftrag gegeben haben soll. Das wäre für mich sehr verwunderlich.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir mitteilen könnten, welche Bewandtnis es mit Ihrer Zuschrift tatsächlich hat. Zumindest berührt es eigenartig, wenn die Chefsekretärin des mächtigsten Mannes im Land auf dem Wege von Leserbriefen seiner sehr umstrittenen Kraftwerkspolitik so vehement das Wort redet.
Darf ich Sie höflichst um Ihre Sicht der Dinge bitten? Vergelt's Gott für Ihre Mühe!
Mag. Gisela Walchhofer
Von: NEURAUTER Klara
Gesendet: Donnertstag, 10. August 2006 16:36:02
An: „Gisela Walchhofer“
CC:
Betreff: AW: „Tiroler Sonntag“
Sehr geehrte Frau Mag. Walchhofer,
seit fast vierzig Jahren nehme ich mir als Staatsbürger der Republik Österreich das Recht, zu verschiedensten Themen, die Menschen bewegen, im Sinne der Meinungsvielfalt auch meiner Meinung Ausdruck zu verleihen. Manchmal hat man meinen Leserbrief abgedruckt, manchmal nicht. Entweder man hat mir zugestimmt oder hat eine andere Meinung vertreten. Ob es sich um Leserbriefe im Profil, Format, in der TT oder in anderen Zeitungen gehandelt hat, niemand hat bisher mir mein Recht auf meine persönliche Meinung abgesprochen, niemals bin ich bis jetzt als Handlanger von wem auch immer bezeichnet worden. Niemals war mein Beruf ein Thema von Reaktionen auf einen Leserbrief, der meine persönliche Meinung wiedergibt, den ich allein in meiner Freizeit verfaßt und privat abgeschickt und selbstverständlich mit meinem Namen gezeichnet habe.
Deshalb überrascht es mich sehr, daß ich ausgerechnet durch meinen Leserbrief in der Kirchenzeitung derart angegriffen werde. Als langjährige Leserin des Blattes habe ich auf einen Leserbrief geantwortet, der den bei der Tiroler Wasserkraft handelnden Personen von vorne herein unterstellt hat, daß sie der Atomstromlobby hörig seien und daß sie Gewinnmaximierung auf Kosten der Mitmenschen im Sinne haben. Ich habe gegen diese Intoleranz und dagegen angeschrieben, daß man ausgerechnet in unser Kirchengemeinschaft von vorneherein dem Anderen keinen guten Willen, sondern nur Schlechtes unterstellt, und habe zustimmende und ablehnende inhaltliche Äußerungen dazu bekommen.
Aber jetzt werde ich im Internet persönlich in dieser Weise apostrophiert, was mich besonders berührt, weil es ausgerechnet im Zusammenhang mit unserer Kirchenzeitung passiert. Es scheint halt so zu sein: paßt man ins Bild, ist alles recht, hat man eine eigene - andere - Meinung, wird jede Art der Verunglimpfung versucht. Anscheinend sind die sachlichen Argumente ausgegangen, daß man meinen Leserbrief auf diese Weise niedermachen muß.
Vielleicht sollte man vorschlagen, einen Artikel in der österreichische Bundesverfassung aufzunehmen, daß öffentlich Bediensteten die eigene Meinung verboten und jede Äußerung darüber unter Strafe gestellt werden sollte. Wahrscheinlich ist es am besten, man zahlt einfach still den Kirchenbeitrag und kommt ja nicht auf die Idee, christliche Werte und Ideale, die man selbst zu leben bemüht ist, von anderen auch zu erwarten.
Für mich ist die Aussendung im Internet, auf die Sie sich beziehen, eine Lehre, wenn auch eine bittere!
Mit freundlichen Grüßen Klara Neurauter
PS: Ich erlaube mir, unseren Briefwechsel auch der Kirchenzeitung zur Verfügung zu stellen.
----- Original Message -----
From: "Gisela Walchhofer"
To:
Sent: Friday, August 11, 2006 7:41 AM
Subject: "tiroler sonntag"
Sehr geehrte Frau Neurauter!
Zuerst einmal vielen Dank für Ihre rasche Antwort, auch wenn sie offenbar weniger an mich als an den Redakteur Rosenkranz gerichtet ist. Zumindest dieses Schreiben haben Sie wohl an Ihrem Arbeitsplatz verfasst und - wie ich glaube - unter mißbräuchlicher Verwendung ihrer dienstlichen E-Mail-Adresse versandt.
Die Intoleranz, so denke ich, haben Sie in die Diskussion gebracht durch Ihren Vorwurf des "Egoismus" an Frau Nigg, der Sie wörtlich den "Versuch, Gewalt auszuüben" unterstellt haben. (Hier wäre eine Entschuldigung wohl mehr als angebracht.) Das scheint ganz die Diktion des derzeitigen Landeshauptmannes zu sein, und der Verdacht, in seinem Sinne, wenn nicht in seinem Auftrag zu agieren, ist daher mehr als naheliegend.
Es muss einfach so sein, dass Sie die Diskussion der letzten beiden Jahre nicht mitverfolgt haben, sonst könnten Sie nicht einerseits immer noch längst entkräftete "Argumente" wie "Tourismusattraktion" ins Treffen führen und andererseits die erwiesene (in Verträgen fixierte!) Abhängigkeit der Tiwag von den deutschen Atomstromkonzernen komplett ignorieren. Wenn Sie polemisieren, dass "anscheinend die sachlichen Argumente ausgegangen" seien, so fällt dies angesichts Ihrer Ausführungen auf Sie und Dr. van Staa zurück.
Ich möchte Ihnen Ihre "christlichen Werte und Ideale" keineswegs absprechen, aber in Ihrer versuchten Umfunktionierung des Kirchenblattes in ein Sprachrohr der Kraftwerksbetreiber wurden Sie keinesfalls von diesen Zielen geleitet.
Mein gestriges Mail, sehr geehrte Frau Neurauter, habe ich an Sie persönlich und nur an Sie gerichtet. Ich finde es ungeheuerlich, dass Sie es ohne Rücksprache an die Redaktion vom "Tiroler Sonntag" weitergeleitet haben. Das wäre so, als würde ich Ihr Antwortschreiben der Redaktion der tiwagkritischen Internetseite dietiwag.org übermitteln. Möchten Sie das ohne Rückfrage?
Ich ersuche Sie, die Sache in Ordnung zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Mag. Gisela Walchhofer
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