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Provisionen? Ja, sicher!

Die TIWAG-Führung hat für eine Hand voll schnelles Geld, das ihr dann auch noch flugs durch die Finger geronnen ist, vierzehn Tiroler Kraftwerke und das Verteilernetz verschleudert. Dafür sind bei ihren Agenten, Beratern, Anwälten in New York (White & Case), London (Citibank), Wien (Binder Groesswang), Innsbruck (Söllner & Partner) so um die 18 Millionen Dollar hängengeblieben.
Die Aufstellung einer ersten Abrechnung des größten Cross-Border-Deals der TIWAG (Sellrain-Silz) findet sich unter Die Agenten, wobei dort die Gagen der Kanzlei Söllner, die aus dem laufenden Budget der TIWAG bedient wird, gar nicht aufscheinen. Wie man sieht, hat White & Case damals mit ca. 37 Millionen Schilling mitgeschnitten und haben Binder Groesswang sich allein aus diesem Geschäft um die 4,2 Millionen Schilling gutgeschrieben.
Es ist jedoch, und das ist ja eigentlich schon lange bekannt, eine besondere Eigenart des Teufels, daß er stark dazu tendiert oder besser gesagt, eigentlich gar nicht davon abzubringen ist, auf den größten Haufen zu scheißen. Darum hat auch der Arrangeur des ganzen Handels den Jackpot ge-, äh, äh, äh, geknackt kann man nicht gut sagen, wenn jemand als einziger im vorhinein schon die Zahlen kennt, also: ausgeräumt. Der Arrangeur bei einem Cross-Border-Leasing-Deal, wer ist das? Das ist derjenige, der das ganze auskopft, die „Dealer“ aussucht, sie anspricht und zusammenbringt. Zuallererst wählt er sich ein williges und wie im Falle der TIWAG letzten Endes auch noch dankbares Opfer und macht ihm dann ein Angebot. Hier war es die Citibank, eine amerikanische Finanzgruppe mit Fangarmen in die ganze Welt, der die lukrative Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz als erster aufgefallen ist. An den TIWAG-Vorstand herantreten, mit ein paar Millionen Dollar wachteln und den Auftrag für den Coup zu bekommen, war dann kein Problem mehr. Ob die TIWAG freihändig einen Auftrag in dieser Größenordnung vergeben darf, werden die Gerichte zu klären haben. Eine Ausschreibung ist nicht erfolgt, alternative Angebote wurden nicht eingeholt. Dabei überstieg der Auftragswert den für Dienstleistungsaufträge festgelegten Schwellenwert von 200.000 Euro um ein Zigfaches. Darum, daß laut Rechnungshof der „Vergabe öffentlicher Aufträge jedenfalls transparente, nicht diskriminierende Vergabeverfahren voranzugehen haben“, haben sich Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung der TIWAG, eine Hand voll Dollar vor Augen, einen Dreck geschert.
Die Citibank hat sich die Kuppelei von Seiten der TIWAG mit 4,9 Millionen Dollar Fixum abgelten lassen. Und ist von der TIWAG dafür noch mit dem Verklopfen aller übrigen Kraftwerke beauftragt worden, was jener mit Ausnahme vom KW Kaunertal auch restlos gelungen ist.

Eine hoch geschätzte Anlage
Nun berechnen sich nicht nur die Höhe der Steuergeschenke an die Trusts und der Umfang der Kreditgeschäfte der Banken nach dem Schätzwert der Anlage, sondern auch die Gagen all der sonstwie an diesem Streich beteiligten Makler, Berater, Unterhändler, und natürlich, letzten Endes, auch der Überling für die TIWAG. Es kann umso mehr Geld der US-Steuerbehörde abgejagt und als Beute unter Jägern und Treibern verteilt werden, je höher die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz taxiert wird.
Diese ist im Jahre 2001 nach soliden TIWAG-internen Schätzungen ca. 14 Milliarden Schilling wert. Die beiden „Investoren“, die Konzerne John Hancock und Potomac, kaufen indes bei der Firma Deloitte & Touche ein Schätzgutachten, bei dem ein Preis von 22,6 Milliarden Schilling (d.h. plus 61 Prozent) herauskommt. Hier wurde nicht nur das Werk selbst weit teurer eingestuft, sondern auch die Restnutzungsdauer höher angesetzt, was zu einer längeren Laufzeit des Vertrages und damit zu einer Steigerung des Vertragswertes geführt hat. Das heißt: Die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz ist in Österreich 14 Milliarden Schilling wert und wird hier in der TIWAG-Bilanz von dieser Summe ausgehend steuerlich abgeschrieben. In den USA ist dieselbe Kraftwerksgruppe um 8,6 Milliarden Schilling mehr wert und wird dort - nicht nur zusätzlich, obwohl es sich um eine einzige Anlage handelt - in der vollen Höhe von 22,6 Milliarden Schilling steuerlich abgeschrieben. Falls die Kraftwerksgruppe vorsätzlich überbewertet wurde, wird wohl der Tatbestand des Steuerbetrugs gegeben sein. Es ist anzunehmen, daß die US-Finanzbehörde IRS, in letzter Zeit nicht selten Gast auf dieser Webseite, auch das prüfen wird.

Barwertvorteil
Nachdem sich alle Vertragskomplizen der TIWAG reichlich an der Beute bedient hatten, ist die TIWAG als die einzig wirklich Bediente übrig geblieben. Von den 1,496 Milliarden Dollar nämlich, die sich am Morgen des 21. Dezember 2001 auf ihre buchhalterische Reise gemacht haben und über das Konto der TIWAG geflossen sind, hat sie, nachdem der größte Teil noch am selben Tag an die Banken Barclays, Dexia und UBS weitergebucht worden ist, am Abend gerade einmal 6,93 Prozent des US-Schätzwertes sozusagen als Kaufpreis in Händen. Wirklich, wie Aufsichtsratsvorsitzender Ferdinand Eberle sagt, „ein gutes Geschäft“?
Man muß bedenken, daß von dieser Summe laufend sämtliche in den nächsten Jahrzehnten anfallenden Kosten für die „Bewirtschaftung der Verträge“ (Wallnöfer) abzuziehen sind, wie Honorare an Anwälte und Steuerberater, wie die Quasivorstandsgage für den Ex-Vorstand Meysel als Controller des ganzen, wie Fahrt-, Flug- und Hotelspesen, wie die Ausgaben für die ständig an den Trust zu liefernden Berichte inklusive deren Übersetzungen, wie Prozeßkosten usw. Der praxiserfahrene österreichische Leasing-Experte Franz Wanzenböck beschreibt die Situation eines Leasingnehmers der Sorte TIWAG folgendermaßen:
„Für einen europäischen Leasingnehmer kann eine US-Cross-Border-Leasing-Transaktion eine bequeme Sache sein. Nach einem halben Jahr relativ einfacher Arbeit und dem Unterzeichnen einiger Vereinbarungen bekommt er eine Menge Geld. Die Vertreter des Leasingnehmers werden zu einigen ausgezeichneten Dinners in ein nobles Steak-House im Villenviertel geladen und alle Partner gratulieren ihnen zum Abschluß eines brillanten Geschäfts.
Aber der Leasingnehmer hat zwei Dinge zu beachten. Erstens, alle Ausgaben verringern den Barwertvorteil. Zweitens, nur zu einem einzigen Zeitpunkt gibt es bei diesem Geschäft einen Gewinn. Nach dem Abschluß gibt es für den Leasingnehmer nichts anderes mehr als Kosten.“ (Übersetzung: M.W.)

Die 6,9316 Prozent, die die TIWAG von den 1.496.000.000 Dollar erhalten hat, sind 103.696.830 Dollar oder, zum damaligen Zeitpunkt, 114.429.451 Euro. Aber die TIWAG will offiziell nur 105.357.395 Euro erhalten haben, wie sie im ‚Bote für Tirol’ kundgetan hat. Es fehlen also 8.238.618 Dollar = 9.072.056 Euro in der Endabrechnung, 124,8 Millionen alte Schilling. Wo sind diese 124,8 Millionen Schilling Anteil am TIWAG-Barwertvorteil geblieben oder hingekommen? Erklärt sich etwa aus diesem Fehlbetrag die ungeheure Nervosität der TIWAG, die ihren Anwalt Eckart Söllner jeden zweiten Tag einen Schriftsatz gegen diese Homepage einbringen läßt? Und die komplette Auskunftsverweigerung von Seiten der TIWAG-Führung? Welche Summe wurde wirklich verbucht? Der von TIWAG-Vorstand und TIWAG-Aufsichtsrat angestrengte Prozeß wird die Gelegenheit bieten, u.a. an Ex-Vorstand Meysel, Noch-Vorstand Wallnöfer und Noch-Aufsichtsratsvorsitzenden Eberle als Zeugen eine Reihe von Fragen zu stellen. Da wird es dann zwischen der Wahrheit und einer möglichen Falschaussage nichts Drittes mehr geben. Dort wird es auch möglich sein, mehr über „nebenvertragliche Verpflichtungen“, die laut TIWAG-Klagschrift im CBL-Vertragskonvolut enthalten sind, zu erfahren.

Ein günstiger Wind hat uns vor wenigen Tagen ein Dokument ins Haus flattern lassen (nein, eigentlich hat es der Briefträger gebracht), das uns ein bißchen weiterhelfen könnte. Offensichtlich wurde hier einige Monate nach Abschluß des Sellrain-Silz-Deals für die TIWAG die Errechnung ihres Barwertvorteils vorgenommen („Summary of NPV Benefit“).


Dokument vergrößert anzeigen

Hier scheinen die oben erwähnten 6,93 Prozent als „Benefit before Incentive Fee“ auf. Dann folgen ein „Incentive Fee“ von 0,55 Prozent und ein „Benefit after Incentive Fee“ in der von der TIWAG verbreiteten Höhe von 6,38 Prozent. Das heißt, die bisher fehlenden 8.238.618 Dollar = 9.072.056 Euro = 124,8 Millionen Schilling finden sich da als „Incentive Fee“ wieder. „Incentive Fee“, das ist nichts anderes als eine Leistungsprämie oder Erfolgszulage oder Provision. Wem oder wen allen diese Summe zugeflossen ist, wird der Prozeß zeigen. Mit dem, was nie Eingang in die Bilanz gefunden hat, läßt sich schließlich trefflich prämieren. Was auch immer.

Parteispenden?
Nachdem es die TIWAG-Führung mit den Visionen im Moment nicht so sehr hat, werden uns die TIWAG-Provisionen noch einige Zeit beschäftigen. Wenn Willi Steidl als kauziger Sonntagskolumnist in der Kronenzeitung (20.3.2005) in Bezug auf den Sellrain-Silz-Deal frägt, „ob und welche Provisionen die Arrangeure der Verträge erhalten haben“, dann riecht er als Rechtsanwalt und früherer Stadtrat von Innsbruck ganz offensichtlich etwas, das schon zu stinken begonnen hat. Seinem Kollegen Werner Kriess steigt es bei dieser Geschichte auch schon in die Nase, wenn er „in der Chefetage des Stromriesen geradezu Panik“ beobachtet: „Da darf man sich nicht wundern, wenn an Stammtischen nur darüber diskutiert wird, wohin überall fette ‚Provisionen’ geflossen sind.“ (Kronenzeitung, 27.3.2005)
Beim zweiten TIWAG-Deal, bei dem die Kraftwerke Achensee, Kirchbichl und Imst im Paket, im Geschenkspaket sozusagen, übergeben worden sind, hat die TIWAG einen Barwertvorteil von 7,44 Prozent der laut Meysel wieder einmal „hervorragenden Bewertung der drei Kraftwerke“ (643 Millionen Euro) registriert. Das waren damals 658 Millionen Schilling. Vor oder nach Abzug der Provisionen? Before or after „Incentive-Fee“? Die bei angenommenen 0,55 Prozent vom Schätzwert auch 48,6 Millionen Schilling ausgemacht hat. Alle fünf Cross-Border-Tricksereien der TIWAG (vierzehn Kraftwerke und das Verteilernetz) müssen so um die 250 Millionen Schilling an verfügbaren Provisionen ergeben haben. Versteht man jetzt das große Interesse an den Transaktionen? Nicht die erbärmlichen 6 oder 7 Prozent Barwertvorteil für die TIWAG sind’s, die das Geschäft zu einem Geschäft werden lassen, sondern die 0,55 Prozent „Incentive Fee“ machen, daß die Gier zum Luader wird.
Wohin diese Unsummen oder Teilsummen dieser Unsummen geflossen sein könnten? Das Internetlexikon Wikipedia, das hervorragende Informationen auch zu „Cross-Border-Leasing“ bietet (http://de.wikipedia.org/wiki/Cross-Border-Leasing), schreibt zum Thema CBL und Provisionen: „Die Gefahr, dass Vergünstigungen auch an Entscheidungsträger der Kommunen gezahlt werden, ist außerordentlich hoch.“ Wirklich? Gewiß, das völlige Überschnappen des Landeshauptmanns angesichts der Veröffentlichungen auf dieser Seite könnte so etwas vermuten lassen. Das ist das Schicksal von einem, der so tobt und so von sich ablenken will, daß er damit ziemlich massiv auf sich selber hinlenkt. Wenn er diese Homepage als „eine unglaubliche Sauerei!“ empfindet und als „etwas vom Unanständigsten, was ich bisher erlebt habe!“, könnte das bedeuten, daß uns möglicherweise noch viel Unanständigeres bevorsteht. Van Staa hat ja hinreichend bewiesen, daß er die TIWAG nicht als Energieversorgungsunternehmen, sondern als Selbstbedienungsladen ansieht. Für die Stadt Innsbruck (Achensee-Ablöse). Für das Land Tirol (Budget). Für den Brennerbasistunnel. Für sein Jubelorgan der Landesregierung („Tirol im Visier“).
Es wäre nicht das erste Mal, daß eine Parteispende von der TIWAG über einen kleinen Umweg in die Kasse der Tiroler ÖVP fließen würde (siehe FÖHN 18, Seiten 56 - 59). Das besondere Interesse des seinerzeitigen ÖVP-Obmannes Ferdinand Eberle am Abschluß der Sellrain-Silz-Transaktion würde sich damit auch besser erklären lassen. Und das des nachmaligen ÖVP-Obmannes Herwig van Staa am Abschluß der Folge-Deals. Schließlich braucht die Partei ja Geld für ihr neues Parteihaus. Und hat offenbar Geld für ihr neues Parteihaus.

Lustigerweise wurden die Parteispenden der TIWAG früher gerne über die Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV) abgewickelt. Und nicht ganz so lustigerweise ist die BTV auch schwer in diesen Sellrain-Silz-Sumpf verwickelt: Als zweite Kreditbank der beiden John-Hancock-Hydro-Trusts hat sie hier eine Rolle übernommen, die für eine Lokalbank ihres Zuschnitts, ohne Know-how auf dem Gebiet solcher Finanzkonstrukte, mindestens eine Nummer zu groß erscheint.
Aber sie ist die Hausbank der TIWAG. Ich und du, wir TIWAG-Kunden alle, zahlen brav unsere Stromrechnung auf ein BTV-Konto ein. Ganz nebenbei erinnert man sich auch noch daran, daß einst Jürgen Wagensonner, der Sohn des ehemaligen TIWAG-Chefs Hermann Wagensonner in der BTV Karriere gemacht hat und in den 80er Jahren bereits zum BTV-Vorstandsmitglied aufgestiegen ist. Und daran, daß die Tiroler Industriellenvereinigung ihre Parteispenden an die Tiroler ÖVP, den Tiroler ÖAAB, den Tiroler Wirtschaftsbund usw. via „Barscheck lautend auf die Bank für Tirol und Vorarlberg AG“ abgewickelt hat.

Zurück zu den 124,8 Millionen Schilling „Provisionen“ im Sellrain-Silz-Skandal. Um Licht in diese dunkle Sache zu bringen, wird man den Altobmann und den Nochobmann der Tiroler ÖVP direkt zur Verwendung dieser „Incentive Fee“ befragen müssen. Das von TIWAG-Vorstand und TIWAG-Aufsichtsrat gegen uns angezettelte Gerichtsverfahren bietet uns dazu die beste Möglichkeit. Niemanden (außer den TIWAG-Anwalt) interessiert heute noch, ob hier vertrauliche Dokumente veröffentlicht worden sind, sondern längst nur noch deren aufklärungsbedürftigen Inhalte. Die Herren Eberle und van Staa werden dort als Zeugen vorgeladen sein und zu vielen unangenehmen Details vernommen werden. Sie werden dabei - für Politiker ihres Schlages ganz etwas Neues - zur Wahrheit verpflichtet sein und mit ihren bei den Pressekonferenzen üblichen dreisten Lügen sehr vorsichtig sein müssen. Aussageverweigerungen der beiden würden sie andererseits noch um einiges verdächtiger machen.
So dürfte also der große Innsbrucker Cross-Border-Prozeß doch noch einen Sinn bekommen.

19.4.2005


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