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Die Atomstrom-Gaunereien der TIWAG

Die Wiederaufbereitungsanlage Sellrain

Bruno Wallnöfer scheint es ja direkt vor Ekel zu beuteln, wenn er dienstlich das Wort vom Atomstrom in den Mund nehmen muß. Dieser ist für ihn so etwas von „pfui!“ und „gagga!“ und „pfuigagga!“, daß ihm, glaubt man, schon fast eine Härtezulage oder zumindest eine Schmutzzulage auf seine 300.000 Euro Jahresgehalt draufgelegt werden müßte. Aber wahr wird die Geschichte erst, wenn man sie komplett umdreht: Den Kerl würgt es vielmehr innerlich, wenn er derzeit ununterbrochen die Platte von der „ökologischen“ und „nachhaltigen“ und „umweltfreundlichen“ und „ressourcenschonenden“ Wasserkraft spielen muß, denn seine wahre Profession hätte Wallnöfer ohne Zweifel als Blockwart gefunden - bei einem Atomkraftwerk. 1978, im Propagandafeldzug für das österreichische AKW Zwentendorf, reiste er in Personalunion als Obmann der Jungen ÖVP Tirol und als Prophet der Atomenergie durch die Tiroler Dörfer und hat dort die Gegner der Atomstromerzeugung, die spätere Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher, als „vom Ghaddaffi finanziert“ verleumdet.
Weil das Schicksal manchmal würfelt, ist der Typ dann nicht bei den Isar-Werken, sondern bei der TIWAG gelandet. (Besser gesagt, weil halt das AMS für schwer Vermittelbare hierzulande ÖVP heißt.)
Und weil’s der Teufel haben will, ist er damit doch noch so etwas wie der Filialleiter eines Atomstromkonzerns geworden.
Aber der Reihe nach, ganz langsam. Zum Mitschreiben.
Wir reden von Sellrain-Silz, dem größten Kraftwerk der TIWAG und ihrem bisher einzigen Pumpspeicherkraftwerk. Dieses ist, wie auf dieser Seite in vielen ungustiösen Details nachzulesen, in seinem gesamten baulichen Bestand bis zum 31. Dezember 2095 an vier Briefkastenfirmen in den USA „verleast“. Der Betrieb der Kraftwerksgruppe selbst obliegt seit Beginn und für noch viele Jahre Vertragslaufzeit dem deutschen Energieriesen EON und dem deutsch-französischen Energiekonzern EnBW.


EON – Energie mit Perspektive (EON-Geschäftsbericht) und TIWAG – Energie mit Perspektiven: Sogar beim Firmen-Slogan hat sich die TIWAG schon an den Atomriesen angehängt.

Wie viele Abgeordnete zum Tiroler Landtag wissen, daß die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz von Deutschland aus ein- und ausgeschaltet wird? Ich denke, nicht eine/r. Daß in ganz Tirol schlicht nirgends ein Knöpfchen ist, mit dem man die Turbinen in Silz oder im Kühtai für uns in Betrieb nehmen könnte? Davon, daß nicht eine einzige hier erzeugte Kilowattstunde in Tirol verbraucht wird, gar nicht zu reden. Weiß das ein einziges Mitglied der Tiroler Landesregierung?





Sowohl EON („die Bayern“ im Konzern mit der Preußen Elektra) als auch die EnBW („die Schwaben“ mit der französischen EdF im Rücken) führen das „Tiroler“ Kraftwerk Sellrain-Silz in der Öffentlichkeitsarbeit als ihr eigenes Kraftwerk.

Lediglich das normale jährliche Arbeitsvermögen von Sellrain-Silz in der Höhe von ca. 515 Gigawattstunden wird als hier erzeugter Spitzenstrom mit den deutschen Vertragspartnern gegen etwas mehr als die doppelte Menge von deren Bandstrom abgetauscht. Hat der Landeshauptmann schon einmal davon gehört? Weiß er, daß „die Schwaben“ und „die Bayern“ im übrigen „unser“ Kraftwerk fahren dürfen und fahren wie sie wollen? Weiß er, daß sie mit eigenem Pumpstrom den Finstertal-Stausee auf 2.300 Meter (Fassungsvermögen: 60 Millionen m³) acht-, neunmal pro Jahr füllen (mit mehr als 500 Millionen m³ Wasser)? Und daß davon die TIWAG gar nichts hat, außer eine Wahnsinnsbeanspruchung ihrer Anlagen? Noch einmal, weil es so unglaublich ist: Wie oft die beiden deutschen Energiekonzerne das Wasser vom Kühtai in den Finstertal-Stausee hinaufpumpen und wie oft sie es herunterlassen, und wie schnell und wann und wie und warum geht die TIWAG, der, wenn man ihr glauben würde, das Kraftwerk Sellrain-Silz gehört, nichts an. EnBW und EON holen aus dieser Kraftwerksgruppe ein Vielfaches an energiewirtschaftlichem Wert von dem heraus, was sie vertragsgesichert an Bandstrom dafür nach Tirol liefern. Der gesamte Landtag, der Präsident ausgenommen, hat nicht den mattesten Schimmer davon. Sämtliche Mitglieder der Landesregierung, außer Ex-Landesrat Eberle, sind völlig ahnungslos. In Tausenden TIWAG-Anzeigen und noch mehr Zeitungsartikeln war noch nie der klitzekleinste Hinweis auf diesen Skandal enthalten.

Das Sellrain dient EnBW und EON als Halde, auf die kurzfristig überschüssiger Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken gekippt wird. Hinter dem Energiekonzern aus Baden-Württemberg steht der Atomstromriese Electricité de France, und EON speist sich heute vor allem aus zwölf AKWs in Deutschland, aber auch aus Kernkraftwerken in Litauen, Tschechien (Temelin) und Rußland. Im Kühtai steht damit so etwas wie eine Wiederaufbereitungsanlage für Atomstrom.
Mit Tiroler Wasserkraft hat das ganze nur noch insofern zu tun, als Tiroler Wasser kraft schandbarer TIWAG-Verträge dazu hemmungslos mißbraucht wird.

„Die Deutschen“ spielen sich richtig mit der Pumpenturbine im Kraftwerk Kühtai, die in der einen Drehrichtung des Motorgenerators Wasser vom Längentalsee in den Finstertalsee hinaufpumpt, in der umgekehrten das Wasser aus dem Hochspeicher im Kühtai abarbeitet. „Die Deutschen“ fahren dieses Werk auf Teufel-komm-raus!, das heißt: sie werfen es oft nur für eine Minute Spitzenstromerzeugung an, weil sich grad irgendwo im europäischen Netz eine Spannungsschwankung ankündigt, und würgen den Rotor des Motorgenerators dann wieder brutal ab. So werden die beiden Maschinensätze auf das äußerste beansprucht und verschlissen.

13.12.2005

Teil 2: In der Endlager-Falle


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