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Die massive Kampagne gegen den Kriterienkatalog als fast perfekte Inszenierung der TIWAG
Mit schweren medialen Geschützen ist die TIWAG kürzlich gegen den Entwurf eines Kriterienkatalogs für die weitere Nutzung der Wasserkraft in Tirol in die Schlacht gezogen. Wallnöfer: „Wir befinden uns mit unserer Kritik in guter Gesellschaft. Auch die Energiewirtschaft, die Wirtschafts- und Arbeiterkammer sowie der Gemeindeverband lehnen den Kriterienkatalog ab.“ (TT, 3.3.2010) Jetzt wird sichtbar, dass die TIWAG das ganze Heer an Kombattanten selbst einberufen, instruiert und ausgerüstet hat.
Wie grandios hatte sich der größte TIWAG-Feldherr aller Zeiten und Bundesheeroffizier der Reserve das in seinem kleinen hausinternen Sandkasten ausgedacht! Halb Tirol würde aufmarschieren und den feindlichen Abteilungen im Landhaus eine vernichtende Niederlage zufügen.
Zu diesem Zwecke hat der TIWAG-General eine Strategie ausarbeiten lassen. Von den privaten Kleinkraftwerksbetreibern im Land angefangen über die Gemeindewerke und Stadtwerke bis zum Verbund sollte alles unter seinem Kommando für diesen Angriff auf die Experten aufgeboten werden. Zudem der Tourismus und die Seilbahnwirtschaft, die Bauwirtschaft und die Industrie, Hinz und Kunz, Liebherr und Swarovski, Thöni und Schwarzkopf, die Sozialpartner und der Gemeindeverband, sogar TIWAG-Mitarbeiter und TIWAG-Reservisten, sprich: Pensionisten.
Aus den internen Strategiepapieren der TIWAG
Lagebeurteilung:
Das Ergebnis (des Kriterienkatalogs, Anm.) wird sein, dass sich NGOs und Wasserkraft‐Kritiker zu Wort melden werden, ausgehend von intensiveren TIWAG-Kritik-Bewegungen auch fundiert gegen argumentieren werden, aber von positiver Seite keine Statements eingehen werden. Dass es beim Großteil der Kritiker nicht um den Kriterienkatalog, sondern um politische Motive geht, braucht an dieser Stelle nicht weiter erwähnt werden ...
Mobilisierung:
In gezielten Gesprächen mit Interessensgruppen (IV, WK, Absolventenvereinigungen etc.) wird das Thema „Kriterienkatalog zur weiteren Nutzung der Wasserkraft“ auf die Kernpunkte
reduziert. Hierfür werden Argumentationskarten vorbereitet und zusammen mit der Interessensgruppe Strategien entwickelt, wie deren Mitglieder erreicht und aktiviert werden können. Ebenfalls werden Briefe an die TIWAG‐Pensionisten, an TIWAG‐Mitarbeiter, sonstige EVUs etc. versandt, um diese gezielt in den Diskussionsprozess einzubinden.
Die Verfolgung dieser Strategie setzt eine „Übersetzung“ des Kriterienkataloges auf die jeweilige Zielgruppe voraus. Ziel muss es sein, dass sich diese aktiv am Diskussionsprozess beteiligt und „einfache Statements“ dazu verfasst.
Stimmungsmache:
Ein von uns eingesetzter User (vertrauensvolle Person) gründet eine Facebook‐Fanpage z.B. mit dem Titel „Ideen für den Ausbau der Wasserkraft“ oder „Für den Ausbau der Wasserkraft‐ Wir brauchen keine Atommeiler!!“ etc. Wichtig bei der Namensgebung der Gruppe ist, dass die Aussage den Zeitgeist der User im Social‐Media Bereich trifft und sich viele damit identifizieren können.
Der Gründer dieser Gruppe beginnt User einzuladen und fordert sie auf, ihre Meinung zum Ausbau der Wasserkraft auf die Pinwand zu schreiben und somit zu diesem wichtigen Thema Position zu beziehen. In kurzen Sätzen werden sie ihre Statements veröffentlichen und dadurch eine positive Diskussion beginnen. Es erfolgt eine genaue Auswahl wer in die Gruppe kommen kann.
Die positiv geschriebenen Kommentare können jederzeit abgerufen und verwendet werden.
Journalisten werden gezielt auf die Gruppe aufmerksam gemacht.
Propaganda:
Da es sowohl auf den ersten Blick als auch nach genauerer Recherche klar ist, dass sich der Kriterienkatalog nicht für die öffentliche Diskussion eignet, kann mit gezielten Journalisten‐
Gesprächen die öffentlichen Einbindung generell in Frage gestellt werden. Dies lässt sich leicht an Hand von Beispielen demonstrieren.
Mit dieser Aktion werden die negativen Statements der TIWAG-Kritiker und NGOs inhaltlich entwertet.
Strategie:
Stellungnahmen werden vorbereitet, hofherr communikation wird unterstützen
Ziel ist es, dass alle EVUs dieselbe, akkordierte Stellungnahme abgeben
EVUs, Bürgermeister Eigentümervertreter, Meinungsbildner aus der Wirtschaft
z.B. eigene Stellungnahme + fünf Stellungnahmen generieren
Schneeballprinzip
Taktik:
Schriftliche Rückmeldungen per Email an kriterienkatalog@tirol.gv.at
Viele mögliche Dateiformate
Auszüge
Auch Gemeindeverbandspräsident Schöpf hat sich von Bruno Wallnöfer instrumentalisieren lassen und ist sogar noch in einem bestellten Doppelinterview in der TT mit Industriellen-Präsident (und TIWAG-Aufsichtsrat) Schretter als Nachplapperer des TIWAG-Sprechs aufgetreten.
Schon lange hat Bruno Wallnöfer die für den Kraftwerksbau zuständigen Experten im Landhaus als seine Hauptgegner ausgemacht. Sie sollen in den vergangenen Jahren all das verhindert haben, was er nicht zusammengebracht hat (Sulztalspeicher, Rofentalspeicher, Rifflseespeicher, Taschachspeicher, Malfonspeicher, Tauerntalspeicher usw.). Über den für diese Abteilungen politisch verantwortlichen Energielandesrat Steixner ist in der TIWAG sogar ein ziemlich fieses Dossier angelegt worden:
Aus dem Anti-Steixner-Dossier in der TIWAG
Es geht dem Bauernbund primär darum, über Energie neue Einkommensquellen für die Land- und Forstwirtschaft zu erschließen. In Tirol wurde dafür die „Bioenergie Tirol“ beim Maschinenring gegründet.
Die Anstrengungen im Bereich der Biomasse (Hackschnitzel als Brennstoff) auf die sich der Bauernbund ursprünglich konzentrierte, sind nur mäßig erfolgreich. Hier geht wenig weiter, weil der heimische Rohstoff zu teuer ist und es nicht so leicht ist, Hackschnitzelwerke wirtschaftlich zu führen.
Die Landwirtschaftsvertretung ist fast verzweifelt auf der Suche nach Einkommensalternativen für Landwirte und Agrargemeinschaften (denen das Grundstücksgeschäft weg gebrochen ist). Der Bauernbund sieht sich zudem als Vertretung des Ländlichen Raumes, also auch der ländlichen Gemeinden.
Der Tiroler Bauernbund hat erkannt, dass kleinere und mittlere Wasserkraftwerke ein besseres Geschäft für Gemeinden, Gemeindeverbände, Agrargemeinschaften und wohl auch Private (die der Politik zu Gesicht stehen) sein könnten, als Biomasse oder Solarenergie.
Wer weiß, wo solche Kraftwerke genehmigungsfähig sind, hat Macht und verteilt Einkommensmöglichkeiten.
Der Bauernbund will entscheidend mitreden, wer in Tirol wo, welches Kraftwerk baut. Der Kriterienkatalog und vor allem die Potentialstudie sind dazu die Machtinstrumente in der Hand von Steixner.
Die ILF Tochter Infra Systems wurde wohl von einem ins Spiel gebracht, der dort seine leibliche Tochter untergebracht hat.
Auszüge
Die letzte Bemerkung richtet sich gegen den früheren EU-Kommissar Franz Fischler, dessen Tochter Ursula als Projektmanagerin der Infra Project Development GmbH maßgeblich an der Erstellung des Kriterienkatalogs beteiligt war.
Den größten Teil der ablehnenden Stellungnahmen hat die TIWAG organisiert: Der Kleinwasserkraftwerke-Verband und die Energie West haben sich genauso einspannen lassen wie unzählige Gemeindewerke und Stadtwerke, wie Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, ÖGB, Industriellenvereinigung usw.
Auch wenn die TIWAG-Büroklammern noch rechtzeitig vor der Einreichung der „akkordierten Stellungnahmen“ entfernt worden sind, ist im Landhaus das Schablonenhafte dieser Papiere rasch ins Auge gestochen. Auch die Firma Infra, welche die Reaktionen auswertet, bestätigt: „Die große ‚Ähnlichkeit‘ vieler Stellungnahmen - aus welchem Grund auch immer - ist uns natürlich auch aufgefallen.“
Wenn etwa die TIWAG vorformuliert, es gebe eine „unklare Rechtsnatur des Kriterienkatalogs“, dann ist auch für den Kleinkraftwerkeverband „die Rechtsnatur … nicht klar.“ Ist für die TIWAG „die Gewichtung der Kriterien willkürlich“, so ist dann bei den Wörgler Stadtwerken „die Gewichtung … nicht nachvollziehbar“. Würde für die TIWAG „der Kriterienkatalog in der gegenwärtigen Fassung die weitere Nutzung der Wasserkraft in Tirol verhindern“, dann würde auch für den ÖGB „der vorliegende Entwurf den Ausbau der Wasserkraft … massiv erschweren, ja sogar verhindern“. Da für die TIWAG „der Entwurf im Widerspruch zum Beschluss des Landtags zum Ausbau der Tiroler Wasserkraft (Juli 2006), steht“, kritisiert auch die Industriellenvereinigung, dass „das Papier das ansonsten klare Bekenntnis der Tiroler Landesregierung zum Ausbau der Wasserkraft untergräbt“, wo ihr der ÖGB nur zustimmen kann, weil „dieser Kriterienentwurf aus unserer Sicht … einen Widerspruch zu den Beschlüssen der Tiroler Landesregierung und des Tiroler Landtag vom Juli 2006 darstellt“.
Wie in einem Chor lassen sich Arbeiterkammer, Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer darüber aus, dass der Kriterienkatalog nur „von einem kleinen Kreis von Landesbeamten“ (AK), „im wesentlichen von Personen aus der Landesverwaltung selbst“ (VÖI) bzw. einem „Kreis von Landesbeamten und einem beauftragten Planungsbüro“ (WK) erstellt worden sei. Ganz im Sinne der Vorgaben der TIWAG.
Aus dem Argumentarium der TIWAG
„Mögliche Bausteine für Stellungnahmen“
Kritik an Kriterienkatalog, öffentliche Diskussion in Frage stellen
Für einen normalen Menschen ist der Kriterienkatalog nicht verständlich
Kritische Meinungen zur Einbindung der Öffentlichkeit und zum Modus:
Worüber sollen Menschen abstimmen?
Undemokratisch: Stimmen sind nicht repräsentativ
Kriterien sind nicht vollständig (z.B. fehlen Klimaziele, Freizeitnutzung, etc.)
Juristisch gesehen: Kriterien haben keine Rechtsqualität
Gewichtung der Kriterien ist willkürlich
Ausschlusskriterien: Waren bei Erstellung der Schutzzonen nicht einbezogen
Ich würde den Kriterienkatalog gerne bewerten, verstehe aber den Großteil nicht. Es entsteht der Eindruck, dass der Katalog bewusst kompliziert geschrieben ist, um nur einen kleinen bestimmten Teil der Bevölkerung mitsprechen zu lassen.
Meinungen zum Kriterienkatalog, ohne speziell auf die gestellten Fragen einzugehen:
Die Liste der Kriterien ist nicht vollständig.
Wasserkraft ist ökologisch
Wasserkraft ist wirtschaftlich
Wasserkraft ist volkswirtschaftlich sinnvoll
Wasserkraft ist ein wichtiger Teil des Tiroler Gesamtenergiekonzepts
Der Vorteil der Wasserkraft ist unumstritten. Verglichen mit anderen Stromerzeugungsmethoden ist Wasserkraft immer noch die sauberste Lösung.
Wasserkraft ist ökologisch: Wasserkraft erzeugt kein schädliches und klimaaktives CO2, das Wasser wird nicht verunreinigt und es werden sogar neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen.
Stromerzeugung mit Wasserkraft ist wirtschaftlich sinnvoll, kostengünstig und effizient.
Der Ausbau der Wasserkraft ist sinnvoll. Die TIWAG bleibt damit eigenständig.
Die TIWAG bleibt ein Landesunternehmen.
Der Kriterienkatalog in der gegenwärtigen Fassung würde die weitere Nutzung der Wasserkraft in Tirol verhindern.
Der Kriterienkatalog in der gegenwärtigen Fassung verhindert weitere Laufkraftwerke am Inn.
Der Kriterienkatalog in der gegenwärtigen Fassung macht weitere Kleinwasserkraftwerke unmöglich.
Der Entwurf steht im Widerspruch zum Beschluss des Landtags zum Ausbau der Tiroler Wasserkraft (Juli 2006).
Volkswirtschaftliche Kriterien fehlen.
Der Bericht lässt globale Fragen wie Klimaschutz außer Acht.
Im Entwurf fehlt mir die Bewertung des Tourismus als den wichtigsten Wirtschaftsfaktor in Tirol.
Die Alternativen zur Wasserkraft werden nicht bewertet. Kalorische oder Atomkraftwerke schneiden viel schlechter ab.
Kraftwerksbau ist eine politische Frage und muss letztendlich von der Politik entschieden werden.
„Unabhängiges“ Expertenteam (Seite 18): Neun Autoren stehen auf der Lohnliste des Amtes der Tiroler Landesregierung, fünf Autoren auf der Lohnliste der ILF-Gruppe, ein Experte auf der Lohnliste der ARGE Limnologie und einer der Fachhochschule Kufstein.
Auszüge aus dem Argumentarium der TIWAG, das massenhaft an potenzielle Mitstreiter verteilt worden ist
Viele der von der TIWAG missbrauchten Organisationen haben den Kriterienkatalog (145 Seiten) selbst nie gelesen und sich voll auf diese vorformulierten Ablehnungsgründe der TIWAG verlassen.
Der TIWAG ist schlussendlich sogar noch der Auftrieb aller Sozialpartner zu einer Pressekonferenz (Schneider, Norz, Schretter, Bodenseer, Zangerl) gegen den Kriterienkatalog gelungen, wo diese noch einmal die soufflierten Stehsätze („Bausteine für Stellungnahmen“) absondern durften. In Wahrheit saß an diesem großen Tisch freilich nur einer. Bruno Wallnöfer. Fünfmal Bruno Wallnöfer.
Als im Landhaus längst klar war, dass die TIWAG selbst hinter der Inszenierung des ganzen Schmierentheaters steht, hat Bruno Wallnöfer noch die Chuzpe aufgebracht, LR Steixner Folgendes mitzuteilen:
„Unsere schwerwiegenden inhaltlichen und formalen Bedenken werden unter anderem von wichtigen Interessensvertretungen (Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Industriellenvereinigung und Österreichischer Gewerkschaftsbund), dem Tiroler Gemeindeverband und allen Energieversorgern mitgetragen.“
Wundert’s einen, wenn die TIWAG von niemandem mehr Ernst genommen wird?
Vorgeschichte Kriterienkatalog
20.4.2010
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